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17.04.12 –
Szenenwechsel: Im Februar 1933 mahnte der nach Paris geflüchtete Schriftsteller Joseph Roth den in Österreich gebliebenen Freund und Kollegen Stefan Zweig: „Ich gebe keinen Heller mehr für unser Leben. Es ist gelungen, die Barbarei regieren zu lassen. Machen Sie sich keine Illusionen. Die Hölle regiert.“ So hellsichtig wie der als Jude selbst unmittelbar betroffene Roth war nicht jeder. Aber sollte Miegel von der „Hölle“ gar nichts bemerkt haben? Oder doch? Einen tiefen Eindruck gemacht habe das Parteiprogramm der NSDAP auf sie, räumt Leidinger ein. Kann denn, wer „Mein Kampf“ gelesen und verstanden hatte, einen anderen als von Abscheu und Angst geprägten solchen Eindruck gewonnen haben? War die von Leidinger angesprochene „Friedenssehnsucht“ um 1933 bei Miegel frei von einer Sehnsucht nach dem „Endsieg“, erkauft zu den Bedingungen Hitlers? Leidinger findet Miegel bis heute ehrwürdig. Stadthaus resümiert, die Ehrungen für Miegel seien „ein Relikt der aktiven Schuldverdrängung der 1950er und 1960er Jahre.“ Letzteres wäre noch zu widerlegen. Das mag versuchen, wer den Mut dazu hat. Die annähernde Wahrheit nachzuweisen wird, wenn überhaupt, Sache der Historiker bleiben. Die Entscheidung über die Ehrung durch einen Strassennamen und eine Gedenktafel allerdings ist eine lokalpolitische, also eine Wertentscheidung für uns heute und die Nachkommen. Da lautet die Frage nicht mehr nur, wes Geistes Kind Miegel war und an welchen Früchten sie zu erkennen sein mag. Vielmehr, ob sie in unseren Augen Ehrungen verdient hat und als Beispiel für die heutigen und zukünftigen Generationen taugt. Den Warendorfer Bürgern und Mandatsträgern ist vorbehalten zu überlegen, ob sie nicht nach aller Prüfung das Bessere behalten wollen. Will heißen, heute einen Namen wählen, der frei ist von Zweifeln dem militanten Rassismus, Antisemitismus und Endsieg-Fantasien gehuldigt zu haben, der jede Ehre verdient und als erzieherisches Vorbild in künstlerischer Hinsicht taugt. Es gibt ihrer Viele. Aber wir kennen nur die Wenigsten! Man könnte es also zugespitzt so sagen: Die jahrzehntelange Präsenz Miegels bei gleichzeitigem Verschmähen der verbannten und verbrannten Dichter, denen bis heute eine zentrale staatliche Gedenkstätte unserer Republik verwehrt bleibt, verhilft dem Nationalsozialismus zu noch einem kulturpolitischen Teilerfolg, wenn wir ihn nicht bald verhindern. Tun wir in Warendorf also das Unsrige: Entreißen wir einen Künstler dem Vergessen, der das verdient hat, und verweisen wir Miegel, Wagenfeld und andere auf den ihnen gebührenden Platz im Museum. Der könnte und sollte, was Miegel angeht, in einer unter stadtgeschichtlichem Aspekt kritischen Aufarbeitung bestehen. Erinnerungskultur 2.0: Zum Weiterlernen.
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