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09.05.12 –
1. Ihre Stellungnahme vom 16.4.2012
Die Verwaltung vertritt die Ansicht, der Beschluss des Umwelt-, Planungs- und Verkehrsausschusses vom 22.2.2012 sowie die Baumfällungen am Bürgerhof und am alten Lehrerseminar (ohne Beschluss) seien rechtmäßig. Diese Ansicht teilen wir auch nach der Diskussion in der letzten Ratssitzung nicht. Insbesondere lag und liegt keine der in der Baumschutzsatzung vorgesehenen Ausnahmesituationen vor, die eine Fällung rechtfertigen könnte.
Der Beschluss und die durch die Verwaltung gebilligten bzw. angewiesenen Baumfällungen waren unseres Erachtens rechtswidrig, da entgegen des Verbotes in § 2 Abs. 1 der derzeit gültigen Baumschutzsatzung der Stadt Warendorf Bäume gefällt wurden und der der Beseitigung der Bäume zugrundeliegende Bebauungsplan für den Bereich des Bürgerhofs im Zeitpunkt des Handelns nicht rechtskräftig war.
Die Baumschutzsatzung der Stadt Warendorf i. d. Fassung v. 19.05.2011 findet sowohl im Fall der Baumfällung am Bürgerhof als auch im Fall der Baumfällung am Alten Lehrerseminar Anwendung, da es sich bei den gefällten Bäumen um Bäume i. S. d. § 2 der Satzung handelt. Danach unterfallen der Satzung Bäume mit einem Stammumfang von mind. 1,00 m. Eine Ausnahme gem. § 2 Abs. 2 der Satzung liegt nicht vor.
Die von Ihnen als Ausnahmeregelung genannten Voraussetzungen für eine Genehmigung gem. § 3 der Satzung liegen nicht vor:
Entgegen Ihrer Würdigung führt das Fällverbot nicht zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte. Diese Ausnahme wäre nur anzunehmen, wenn das Aufrechterhalten des Verbots zu einer unbilligen Härte oder rechtswidrigen Folgen führen würde und das Interesse an der Erhaltung der Bäume entsprechend der Baumschutzsatzung im Verhältnis zu den Interessen des Grundstückseigentümers zurücktreten müsste. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Das Gesetz sieht als Voraussetzung des Ausnahmetatbestandes ausdrücklich eine Vereinbarkeit mit den öffentlichen Belangen vor, was eine Abwägung erfordert hätte. Insbesondere können etwaige wirtschaftliche Interessen der schnellen Realisierung der Bebauung keine ausschlaggebende Rolle spielen. Zu den öffentlichen Belangen zählt nämlich auch das Vorliegen einer Rechtsgrundlage für das Vorgehen. Zum Zeitpunkt der Baumfällungen am Bürgerhof war der Bebauungsplan, der diese Fällung möglicherweise erforderlich gemacht hätte, noch nicht rechtskräftig.
Bei der erforderlichen Abwägung ist zudem zu berücksichtigen, dass nach den Vorgaben des BNatSchG der Naturschutz grundsätzlich Vorrang gegenüber wirtschaftlichen Interessen hat und nur in Ausnahmefällen zurücktritt. Bedauerlicherweise ist anzunehmen, dass der Eingriff zu Störung und Tötung der sich seinerzeit im Winterschlaf befindlichen Fledermäuse führte. Das Artenschutzgutachten vom Okt. 2011, welches zum Zwecke der Realisierung des Bebauungsplanes erstellt wurde, belegt, dass das Gelände, insbesondere die betroffenen Bäume von Fledermäusen (Zwergfledermaus) höchstwahrscheinlich als Quartiere genutzt werden. Auch in diesem Zusammenhang wäre eine Baumfällung im Herbst ein wesentlich milderes Mittel gewesen.
Zudem ist die Abweichung mit den öffentlichen Belangen, die ja gerade in der Baumschutzsatzung festgeschrieben sind, unvereinbar. Denn öffentliche Belange sind auch die Rechtmäßigkeit der Verwaltungsmaßnahmen, die hier aufgrund des Widerspruchs zur Baumschutzsatzung gerade nicht gegeben ist.
Ihre schriftliche Begründung enthält keinerlei Begründung bezüglich etwaiger Ermessenserwägungen, auf welche Sie sich in der Ratssitzung berufen haben. Stattdessen bringen Sie pauschal das Ihnen zustehende Ermessen ohne jegliche Erläuterung an. Sie verkennen dabei, dass es gerade bei einer Ermessensentscheidung darauf ankommt, die widerstreitenden Interessen gegeneinander abzuwägen. Allein schon aufgrund der fehlenden Begründung müssen wir Rechtswidrigkeit annehmen. Fehlende Ermessenserwägungen führen als Ermessensfehler genauso zur Rechtswidrigkeit der Entscheidung wie auch sachfremde Erwägungen bei der Ermessensentscheidung. Der Ausnahmecharakter der Regelung gebietet es dabei, der Regel – dem Erhalt der Bäume – Vorrang zu gewähren.
Ihre Stellungnahme zu unserer Anfrage betreffend der gefällten Bäume am Alten Lehrerseminar bemüht sich erst gar nicht um Rechtfertigung. Auch wenn ein Beschluss – den Sie selbst in der letzten Ratssitzung zur Rechtfertigung der Baumfällung am Bürgerhof vorangestellt hatten – hier entbehrlich wäre, so ändert das nichts an der Tatsache, dass der Baumschutzsatzung unterfallende Bäume gefällt wurden, obwohl keine Ausnahmeregelung einschlägig war (s.o.). Entgegen Ihrer Begründung wurde Ihr Ermessen auch in diesem Fall fehlerhaft ausgeübt, da Ermessenserwägungen offensichtlich gar nicht erst angestellt wurden oder jedenfalls sachfremde Erwägungen entscheidungserheblich waren.
Aus aktuellem Anlass scheint uns das Verwaltungshandeln im Umgang mit Gesetzen und verordnungen zum Schutz von Natur und Landschaft indessen eine neue Dimension erlangt zu haben. Wie uns nun bekannt wurde, ist am 26.04.2012im Naturdenkmal „Emsaltwasser im Stadtpark Warendorf“ (Biotop Nr. 144, Planquadrat G6, DGK 4014,11 Stadtpark Warendorf), auch „Grundloser Kolk“ oder „Glockenkuhle“ genannt, eine offenbar nicht genehmigte Baumfällaktion vorgenommen worden, die mit den Schutzzielen dieses Naturdenkmals nicht in Einklang zu bringen ist.
Es wurden fünf größere Bäume und Unterholz nördlich des Teiches in Angrenzung zum Gartengrundstück Wienker, An der Kreutzbrede 18, geschlagen. Die Bäume befanden sich nicht in Ufernähe.
Erkundigungen bei der Stadt Warendorf ergaben bisher folgendes Bild:
Von Herrn Starke wurde angeführt, dass zwei Bäume von Schwammpilzen befallen gewesen seien, was die Sicherheit gefährde und den Einschlag rechtfertige. Warum dann 5 Bäume gefällt wurden, konnte nicht geklärt werden. Eine Gefährdung, ausgehend von kranken Bäumen, konnte ich weder anhand von zur Verfügung gestellten Fotos noch bei der Besichtigung des eingeschlagenen Holzes vor Ort feststellen.
Es war jedoch sehr wohl feststellbar, das einige der geschlagen Bäume Bruthöhlen von Spechten enthielten. Von uns angefertigte Fotos dokumentieren ältere Spechthöhlen, die möglicherweise bebrütet waren oder in Kürze bebrütet werden sollten. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass ein geringfügiger Befall mit Baumschwämmen etc. als normal für derartige Nistbäume zu bezeichnen ist. Zudem ist in der hier vorliegenden Situation nicht von einem Fall der Verkehrssicherungspflicht auszugehen, da keinerlei Wege oder Häuser in relevanter Entfernung vorhanden sind. Dieses Naturdenkmal dient u.a. der Erhaltung eines naturnahen Lebensraumes für seltene und gefährdete Tierarten und Pflanzengesellschaften. Dieses Schutzziel wurde mit der Verarbeitung von Nistbäumen zu Brennholz konterkariert. Die vorgenommenen Maßnahmen führen zu einer Beschädigung bzw. Veränderung des Naturdenkmals. Die bisher geschlossene Grünkulisse wird aufgebrochen und durch die entstehende Lichtung zweigeteilt. Unabhängig von der Tatsache, dass es nichts an dem rechtswidrigen Vorgehen ändert, ist die Anpflanzung von neuen Bäumen als Ersatz für die alten Bäume von der Stadt nicht geplant.
Der betroffene Bereich ist im Landschaftsplan als Naturdenkmal im Sinne des § 22 Landschaftsgesetz NRW (LG NRW) ausgewiesen. In diesem Bereich ist es gem. § 34 LG NRW verboten, Beschädigungen, Veränderungen oder nachhaltige Störungen vorzunehmen. Das Handeln trotz Verbot führt zur Rechtswidrigkeit der Maßnahme.
Besonders erschreckend wird die Rücksichtslosigkeit gegenüber dem Gesetz und der Natur in der Tatsache deutlich, dass die Fällung in der Nistzeit vorgenommen wurde. Der Gesetzgeber schreibt zum Schutz in § 39 BNatSchG vor, dass Fällungen zwischen dem 1. März bis zum 30. September verboten sind - der gesunde Menschenverstand sollte einem auch sagen, dass man in der Brutzeit keine Nistbäume fällt. Ein Ausnahmetatbestand liegt auch hier nicht vor. Insbesondere kann die willkürliche und rücksichtslose Fällung von bebrüteten Höhlenbäumen nicht als „Pflegemaßnahme“ bezeichnet werden.
Herr Starke erläuterte auf Rückfrage, dass es einen gemeinsamen Ortstermin gegeben habe, die Fällung befürwortet worden sei und es keiner Genehmigung bedürfe, weswegen es eben auch keine Genehmigung gebe. Diese Rechtsauffassung ist aus den o. g. Gründen falsch. Herr Reineke (Kreis Warendorf) erläuterte in diesem Zusammenhang, ihm sei nichts von einer Fällgenehmigung bekannt.
Vollkommen unsinnig erscheint diese Aktion zudem vor den weiteren Ausführungen von Herrn Starke. Für den kommenden Winter sei die Fällung einer Reihe von Pappeln in der Uferzone geplant. Die Pappeln sind schlagreif, stehen in der Randzone zum Stillgewässer und den Röhrichtbeständen. Ihr Einschlag ist durchaus mit den Schutzzielen des Naturdenkmals in Einklang zu bringen, da sie - weil direkt am Gewässer - zur Verlandung und zum Gehölzaufwuchs im Röhrichtbereich beitragen und somit im Rahmen von Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen entfernt werden können.
Durch den jetzigen Einschlag der dahinter stehenden Bäume entstehen dann jedoch sehr große Lücken im bisher durchgehenden Gehölz, die nicht sinnvoll sind. Spätestens aus diesem Blickwinkel erscheint die bisherige Maßnahme vollkommen unsinnig. § 28 BNatSchG Abs. 2 besagt: „Die Beseitigung des Naturdenkmals sowie alle Handlungen, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des Naturdenkmals führen können, sind nach Maßgabe näherer Bestimmungen verboten.“
Es ist zutiefst befremdlich, wenn Sie sich einer respektvollen Zusammenarbeit verweigern. Das inzwischen als willkürlich zu bezeichnende Verhalten der Verwaltung gebietet uns als Kontrollorgan der Verwaltung ein schnelles Handeln.
Da Sie uns Ihren Standpunkt zum Thema der am Bürgerhof und am Alten Lehrerseminar gefällten Bäume nicht näher begründen, müssen wir annehmen, dass unsere Anfrage nicht abschließend geprüft wurde und/oder die Maßnahmen ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig durchgeführt wurden. Wir hoffen, unsere Behauptung der Nichtbeachtung rechtlicher Vorschriften (Baumschutzsatzung, Bundesnaturschutzgesetz, s.o.) konnten wir Ihnen hiermit nachvollziehbar erläutern. Unsachliche Befindlichkeiten betreffend unserer sachlichen Anfragen sind daher deplatziert. Wir möchten Sie daher erneut um genaue rechtliche Prüfung bitten. Sie werden verstehen, dass uns das Thema sehr am Herzen liegt und wir gemeinsam mit Ihnen vermeiden wollen, dass es in Zukunft erneut zu derart folgenschweren Beschlüssen oder willkürlichen Maßnahmen und bedauerlichen Folgen kommt. In diesem Zusammenhang möchten wir nochmals darauf hinweisen, dass Sie Herr Walter als Bürgermeister verpflichtet sind, einen rechtswidrigen Beschluss zu beanstanden. Geschieht das nicht, haben die Ratsfraktionen als Kontrollorgan der Verwaltung geradezu die Pflicht ein Kommunalverfassungsstreitverfahren anzustreben.
Zudem sind wir bedauerlicherweise gezwungen, die rechtswidrige Vorgehensweise der Verwaltung der Fachaufsichtsbehörde zur Überprüfung vorzulegen, sollten Sie unser Anliegen weiterhin mit unzureichenden Begründungen beantworten. Angesichts der sich überschlagenden Ereignisse und der nunmehr anzunehmenden Unberechenbarkeit des Verwaltungshandelns bei Baumfällungen sehen wir uns im Interesse der Bürger der Stadt Warendorf gezwungen, Ihnen für Ihre Stellungnahme eine enge Frist bis zum 18. Mai 2012 zu setzen und die Angelegenheit ggf. der Fachaufsicht vorzulegen, um weitere Schäden von Natur und Stadt abzuwenden.
Wir bedanken uns für Ihr Verständnis und hoffen auf eine baldige Klärung.
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