Menü
19.12.14 –
Sehr geehrte Warendorferinnen und Warendorfer,
sehr geehrter Bürgermeister Walter,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen im Rat,
geehrte Vertreter der Medien,
am 23. Oktober haben Sie Herr Walter den letzten Haushalt Ihrer Amtszeit als Bürgermeister eingebracht und bereits eine kurze Bilanz über ihre 10jährige Aktivität für die Stadt Warendorf gezogen. Gemeinsam mit Kämmerer Dr. Thormann und uns Ratsmitgliedern haben sie es erreicht die Verschuldung der Stadt um etwa die Hälfte herunter zu fahren, ich nenne nur das Stichwort „Giftliste“. Gleichzeitig wurde die hohe Inanspruchnahme von Kassenkrediten, die sie von Ihrem CDU Vorgänger übernommen hatten auf nahezu Null heruntergefahren. Dies war und ist eine wichtige Voraussetzung für die Zukunftsfähigkeit unserer Stadt und ein guter Beitrag zur Generationengerechtigkeit.
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen dankt Ihnen, Herr Bürgermeister Walter und der ganzen Verwaltung ausdrücklich für die geleistete Arbeit im Jahr 2014 und Ihnen ganz besonders für eine ganze Dekade als Bürgermeister unserer Stadt!
Was uns bis dato leider noch nicht zur Gänze gelang, ist die Haushalte im Durchschnitt auszugleichen, also um es vereinfacht zu sagen, so viel einzunehmen wie wir auch ausgeben. Die Überschüsse der Jahre 2008, 2012 und 2013 gleichen die Verluste der Jahre 2009 bis 2011 leider nicht aus. Dies ist aber notwendig, um eine auch faktisch nachhaltige Haushaltsplanung aufzustellen. Der Griff in die Ausgleichsrücklage und später in die allgemeine Rücklage, ohne den der Haushaltsausgleich derzeit nicht möglich wäre, ist nichts weiter als ein schön rechnen auf Zeit. Sobald die Rücklagen, welche kein tatsächlich vorhandenes Geld sondern lediglich Buchwerte darstellen aufgebraucht sind, geht es an die Substanz. Dann läuft eine Stadt, die ihren Haushalt nicht in den Griff bekommt, schnell in die Gefahr im Haushaltssicherungskonzept zu landen und es beginnt ein Streichkonzert bei den wichtigen freiwilligen Leistungen, vor allem in den Bereichen Soziales und Kultur. Dieses muss unbedingt vermieden werden, damit die Stadt auch für die nachfolgenden Generationen lebenswert bleibt.
Ich komme nun zum vorliegenden Haushaltsplan:
Nach den im Durchschnitt nicht ausgeglichenen Jahresergebnissen 2008 bis 2013 mit einem Verlust von rund 1 Mio. €, ist allein für das Jahr 2014 bereits mit einem Verlust von 4,5 Mio. € zu rechnen. Im zur Abstimmung gestellten Haushaltsplan 2015 sollen zusätzlich 6 Mio. € dazu kommen und auch die Finanzplanung für die Jahre 2016, 2017, 2018 sieht eine weitere Verschuldung in Höhe von 10 Mio. € vor.
Damit sind die mühevoll eingesparten 13 Mio. € seit ihrem Amtsantritt vor 10 Jahren, Herr Walter, innerhalb von nicht einmal 3 Jahren wieder „verfrühstückt“ und es sollen weitere 9 Mio. € Schulden bis 2018 folgen. Das die ordentliche Verschuldung nicht um den hier aufgeführten Wert, sondern „nur“ um 3,5 Mio. € steigt, erklärt sich lediglich durch den Komplettverzehr der Ausgleichsrücklage und einem tiefen Griff in die allgemeine Rücklage. Rückblickend ist erkennbar, dass die Sparbemühungen der letzten 10 Jahre auch deshalb so großen Erfolg hatten, weil wir einen gewissen Sanierungsstau in der städtischen Infrastruktur produziert haben. Dieser muss nun nach Kräften aufgelöst werden. Gerade jetzt, wo die Zinsen so niedrig sind, ist es tatsächlich in gewisser Weise sinnvoll, Kredite für wichtige Infrastruktur aufzunehmen, die dann mit einem Gegenwert in den Büchern auftauchen und funktional den Bürgerinnen und Bürgern zur Verfügung stehen. Die günstigen Zinsen dürfen aber nicht dazu führen, ein „Konzert“ an teuren Maßnahmen durchzusetzen, die zwar wünschenswert erscheinen, aber nicht zwingend notwendig sind. Auch günstige Kredite müssen mit Zins sowie Tilgung bedient werden und neue Infrastruktur kostet Geld in der Unterhaltung. Wie teuer z.B. Brückenunterhaltung ist, können wir alle paar Wochen in Äußerungen der Landes- und Bundespolitik zu den nicht gedeckten Unterhaltungskosten für Straßen- und Schienenwege lesen. Diesen Finanzdienst müssen die zukünftigen Haushalte auch leisten können.
Schauen wir uns doch nun einmal an, welche Effekte den hohen geplanten Schuldenberg auslösen:
Einen großen Teil der Ausgabe- und Einnahmepositionen, welche den Haushalt 2015 ins Minus rutschen lassen, können wir leider nicht beeinflussen.
Hier wäre zum einen die LWL-Umlage zu nennen, deren Erhöhungen vom Kreis an die Kommunen weitergereicht werden und gemeinsam mit der Jugendamtsumlage und der restlichen Kreisumlage in unserem Haushalt negativ zu Buche schlagen. Natürlich leisten auch der LWL sowie der Kreis Warendorf wichtige Aufgaben für die Bürgerinnen und Bürger, aber wenn diese ihre Haushaltslöcher durch Umlageerhöhungen stopfen können, während die Kommunen gezwungen sind Ausgaben zu senken oder Steuern zu erhöhen, läuft in dem Finanzierungssystem etwas grundsätzlich falsch. Genau wie die Kommunen selbst, müssen sich auch Kreis und LWL intensive Konsolidierungspakete verordnen, um den sie finanzierenden Kommunen nur den Betrag abzufordern, welcher für die zu leistenden Aufgaben auch wirklich nötig ist.
Weitere nicht oder kaum beeinflussbare Größen sind die Mittel aus dem Gemeindefinanzierungsgesetz und die Wirtschaftskraft. Hier sind wir auf eine gute Politik in Land und Bund angewiesen. Leider begünstigt die CSU/CDU, SPD Bundesregierung bei der Verteilung der Zuschüsse das Bundesland Bayern über die Maßen und sorgt mit der Bevorzugung von RWE, EON, EnBW und Vattenfall im aktualisierten „Erneuerbare Energien Gesetz“ für eine Schwächung von Stadtwerken und vergleichbaren kleinen sowie mittelständigen Energieunternehmen.
Neben diesen nicht beeinflussbaren Größen gibt es aber viele „Stellschrauben“, welche wir als Rat der Stadt Warendorf selbst in der Hand haben. Gerade die geplanten Investitionen fallen hierbei besonders ins Gewicht.
Viele davon sind auch aus unserer Sicht richtig und wichtig, wie die Planungskosten für die Emsinsel oder die Erschließungskosten für diverse Wohnbaugebiete wie die Klimaschutzsiedlung Freckenhorst, welche den hohen Bedarf an Wohnraum hoffentlich wenigstens zum Teil befriedigen können. Auch die Ausgaben in den Bereichen Schulen, Kultur, Soziales und bei der Feuerwehr sind notwendig und richtig.
Nicht nachvollziehen können wir Grünen dagegen den starken Schwerpunkt im Schaffen von neuer, zusätzlicher Infrastruktur. Wir haben nach wie vor einen Sanierungsstau bestehender Infrastruktur z.B. in den Bereichen: der Straßen, Geh- und Radwege, Wirtschaftswege, Schulen und Sportstätten. Auch die Bäderlandschaft wird uns einige notwendige Investitionen abfordern und in Zukunft werden die Stadtwerke aufgrund gesetzlicher Änderungen nicht mehr in der Lage sein den hohen Zuschussbedarf wie bisher abzudecken. Daher müssen wir zunächst dort investieren, wo bestehende Infrastruktur erhalten werden soll. Natürlich muss in Bereichen, wie z.B. den Wirtschaftswegen auch eine Aufgabenkritik erfolgen, aber ein derart hohes Einsparpotential, dass noch großer Spielraum für Neubau ist, sehen wir Grünen angesichts der Haushaltslage nicht.
Daher verwundert es schon, dass die Verwaltungsleitung sowie CDU, FWG und Teile der SPD an den Planungen zum 3. Bauabschnitt der Stadtstraße Nord festhalten. Bisher enthalten die Haushalte 2012 bis etwa 2019 für dieses Projekt eine Ausgabe von 5 Mio. €. Ob es aber bei dieser Höhe bleibt oder die Kosten gegebenenfalls sogar noch steigen werden, wird erst deutlich, wenn die Planungen und die Flächenankäufe abgeschlossen sind.
Ob von Landesseite Fördergelder zur Verfügung stehen, darf nach der derzeitigen Finanzsituation des Landes und den viel zu geringen Zuschüssen im Verkehrsbereich an NRW durch den Bund bezweifelt werden. Auch wir Grüne sehen den 3. Bauabschnitt der Stadtstraße Nord aus verkehrlicher Sicht als wünschenswert an, aber ist diese Maßnahme wirklich notwendig? Auch wenn der 1. und 2. Bauabschnitt nun gebaut ist und die Straße ihre volle Wirkung nicht ohne den 3. Bauabschnitt erfüllen kann, darf jedoch nicht außer Acht gelassen werden, dass uns diese Investition entweder direkt ins Haushaltssicherungskonzept treibt oder wir gezwungen sind bestehende Infrastruktur zu schließen statt sie instand zu setzen. Wenn CDU und FWG also nicht sehenden Auges in die Haushaltssicherung rennen wollen, müssen sie auch den Mut aufbringen klar zu sagen an welcher Stelle aus ihrer Sicht gespart werden soll, anstatt einen derartigen Schuldenhaushalt mitzutragen.
Die Notwendigkeit des vorzeitigen Maßnahmebeginns für die Stadtstraße hat die Verwaltungsspitze mit einer Argumentationskette begründet, welche mindestens in ihrer Alternativlosigkeit infrage gestellt werden muss.
Es wird die Theorie aufgestellt, dass wir ohne die Stadtstraße weder in den Bereichen Feuerwehr, Rettungswache, interkommunaler Bauhof, Wohnbauflächenpotentiale noch Ems Renaturierung weiter kommen würden. Gleichzeitig sind diese angeblich so wichtigen Maßnahmen aber noch gar nicht im Haushaltsplan eingepreist.
Die Kosten für die Emsrenaturierung, den Bau einer neuen Rettungs- und Feuerwache und des interkommunalen Bauhof, welche sicherlich mit weit über 10 Mio. € anzusetzen sind, kommen also noch auf die hohe geplante Schuldenlast von etwa 30 Mio. € hinzu. Soll unsere Schuldenlast, welche gerade bei etwa 12,5 Mio. € liegt, bis 2024 also auf über 40 Mio. € steigen? Welche Hypothek bürden wir damit der nächsten Generation auf und wie soll die Attraktivität Warendorfs, bei den zudem erforderlichen Einsparungen, erhalten oder gar gesteigert werden? Die Stadtstraße Nord und ein interkommunaler Bauhof haben keinen sonderlich großen Einfluss auf die Lebensqualität in dieser Stadt, aber die Angebote z.B. in den Bereichen Schulen, Soziales, Kultur und Bäder sehr wohl.
Es gibt zudem viele Aspekte, welche aus Grüner Sicht im Haushalt nicht ausreichend abgebildet sind:
Im Sommer haben wir, am Beispiel Münster gesehen, wie wenig unsere Städte auf die Klimaveränderungen angepasst sind. Wenn wir nicht ständig große sowie teure Schäden in Kauf nehmen wollen, sind hier vorbeugende Investitionen nötig, die zu Teilen nicht einmal bekannt, geschweige denn im Haushalt dargestellt sind.
Unsere Grünen Initiativen für den Kreisverkehr Splieterstraße/ Reichenbacherstraße, das Parkdeck am Bahnhof und ein verbessertes Parkleitsystem hätten kurzfristig und kostengünstig für Verbesserungen im Verkehrsbereich gesorgt. Die Wirtschaftsförderung muss zudem dringend verstärkt werden um Gewerbetreibenden ein besseres Angebot zu bieten. Die Aktivitäten von Warendorf Marketing im Tourismusbereich sind als weitere Wirtschaftsförderungsmaßnahme auszubauen, doch das wird nicht ohne zusätzliche Mittel funktionieren.
Die Aufnahme von Asylbewerbern wird uns weiter fordern und nicht nur weil Bund und Länder diese Menschen zu uns schicken, sondern gerade aus der moralischen Verpflichtung heraus, dürfen wir auch vor Investitionen nicht zurück schrecken. Wir sollten ein würdiger Gastgeber zu sein, denn man darf nicht vergessen, was diese unsere Mitmenschen durchgemacht haben, die ihre Heimat gegen ihren Willen verlassen mussten. Die Entwicklung von günstigen Wohnraum sowie die Förderung von Nachnutzungen bestehender Gebäude über Ansätze wie das Projekt „Jung kauft alt“, wird uns weiter in Anspruch nehmen, um sowohl attraktiv als Wohnort zu bleiben, als auch Leerstände in der Altbausubstanz zu vermeiden. Wir haben die Verpflichtung, auf der Emsinsel eine Nutzung zu verwirklichen, die allen BürgerInnen zugutekommt statt einzelne Investoren und betuchte Häuslebauer zu bevorzugen. Hier ist es auch notwendig städtische Haushaltsmittel einzuplanen.
Nicht zuletzt hat uns die Gemeindeprüfungsanstalt einige Hausaufgaben mitgegeben, welche parallel zu den bisher genannten Aufgaben ebenfalls abgearbeitet werden müssen. Dies und die Tatsache, dass wir immer noch keinen ausgeglichenen Haushalt haben, sowie Dank der Schuldenlust einiger Fraktionen in ein dickes Minus laufen werden, nehmen wir zum Anlass diesen Rat aufzufordern erneut eine Konsolidierungsrunde einzuläuten. Auch wenn sparen nicht populär ist, sind wir es den Bürgerinnen und Bürgern schuldig nicht mit der Wahrheit hinterm Berg zu bleiben und die Notwendigkeit von Einsparungen zu benennen.
Schlussendlich kann die Grüne Fraktion aus genannten Gründen diesem Schuldenhaushalt nicht zustimmen.
Ich hoffe dass wir gemeinsam für die Bürgerinnen und Bürger der jetzigen und auch zukünftigen Generation die Aufgaben des nächsten Jahres konstruktiv angehen werden und wünsche uns allen eine angenehme und fruchtbare Zusammenarbeit in Rat und Verwaltung.
Ebenfalls wünsche ich Ihnen eine frohe Weihnachtszeit und einen guten Übergang ins neue Jahr!
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Gestern hat die 29. Conference of the Parties (COP) in Baku, Aserbaidschan begonnen. Für Deutschland wird Annalena Baerbock als Verhandlerin [...]
Robert Habeck hat einen Plan vorgestellt, wie Deutschlands wirtschaftliche Kräfte neu entfesselt werden. Die Vorschläge sollen die [...]
Gestern am späten Abend wurde das weiterentwickelte Kita-Qualitäts- und Teilhabeverbesserungsgesetz (KitaQuTH) im Bundestag beschlossen. Es [...]