Menü
19.12.24 –
Sehr geehrte Warendorferinnen und Warendorfer, sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen im Rat, sehr geehrte Vertreterinnen und Vertreter der Presse,
die derzeitige Stimmungslage im Land scheint von Sorge, Wut und Hysterie dominiert zu sein, vor allem, wenn man einen Blick in die so genannten Sozialen Medien wirft. Es bereitet mir große Sorge, dass erwiesen rechtsradikale Parteien immer mehr Zuspruch gewinnen und immer mehr Menschen der Auffassung sind, dass es in Ordnung sei rechtsradikales Gedankengut auszusprechen. Jeder von uns ist in der Verantwortung hier klare Kante zu zeigen und Äußerungen, die noch vor kurzer Zeit als unsagbar galten, nicht unwidersprochen im Raum stehen zu lassen. Wir sollten uns die Zeit nehmen alle Fakten miteinander abzuwägen und gerade komplexe Sachverhalte immer wieder zu erläutern und die Menschen mitzunehmen.
Eine gute Demokratie lebt von dem gesellschaftlichen Austausch und der Teilhabe aller. Deshalb sind wir der Auffassung, dass Räume für Bürgerbeteiligung geschaffen werden müssen. Besonders gefreut hat uns die erste und erfolgreiche Durchführung eines Bürgerrates in Warendorf. Auch wenn gerade die CDU nichts unversucht gelassen hat den Bürgerrat erst zu verhindern und dann seine Durchführung zu torpedieren.
Wir waren gespannt, wie das Thema Straßenumbenennungen im Bürgerrat behandelt wird und es ist uns bewusst, dass es sich gerade für viele betroffene Anwohner*innen um ein hochemotionales Thema handelt. Es ist enorm wichtig, dass sie bei diesem Prozess begleitet werden. Aber man muss sich auch immer wieder bewusst machen, dass es sich hierbei um eine Ehrung gehandelt hat und bei einigen geehrten Personen ist dies mehr als fragwürdig. Es stellt sich die Frage, wer wirklich an einer Straße wohnen möchte, die nach einem Täter aus der Zeit des Nationalsozialismus benannt wurde?
Eine Teilnehmerin des Bürgerrates hat mich mit der Aussage beeindruckt, dass die Teilnehmenden nach durchaus kontroversen Diskussionen zu dem Schluss gekommen sind, dass das „Gedenken der Opfer“ und nicht die Ehrung der Täter ausschlaggebend ist.
Bürgerräte sind nach unserer Auffassung ein Baustein um Demokratieverdrossenheit und dem erstarken radikaler Ränder entgegenzuwirken. Wichtig ist jetzt, dass wir die Empfehlungen der Bürger*innen ernst nehmen und zeitnah in die politische Beratung gehen.
Aber nun zur finanziellen Lage unserer Stadt. Es ärgert mich zunehmend, dass Bund und Land immer mehr Aufgaben an die Kommunen durchreichen und schon seit Jahren kein auskömmliches Finanzierungsmodell vorlegen. Herr Lindner konnte sich gerne hinstellen und von „schwarzer Null“ und Schuldenbremse schwadronieren und währenddessen sind die Kommunen immer tiefer in die Verschuldung gerutscht.
Natürlich könnten wir jetzt den Kopf in den Sand stecken und alle möglichen Projekte zusammenstreichen. Doch was hätten wir davon?
Vieles im Haushalt sind Pflichtaufgaben und ich denke niemand hier möchte die dringenden Investitionen im Bereich von Schulen und Kindergärten auf die lange Bank schieben. Worüber wir allerdings diskutieren sollten, sind unsere selbstgewählten Standards. Es kann nicht mehr immer das Optimum sein und kreative Lösungen sind gefragt. Braucht es wirklich extra Räume für die OGS oder können nicht andere, gerade nicht belegte Räume genutzt werden? Es ist auch nicht immer ein Architektenwettbewerb nötig, wie sich gerade im Bereich der Kindergärten gezeigt hat. Ich möchte an dieser Stelle der Verwaltung ein Lob für den Bau der Kita Eichenweg im Baugebiet In de Brinke aussprechen, die nicht nur innerhalb von zehn Monaten gebaut wurde, sondern auch noch günstiger als geplant war.
Auch können Projekte nur mit ausreichendem Personal umgesetzt werden und es wäre fatal hier den Rotstift anzusetzen, da es nur dazu führt, dass sich Vorhaben verzögern und die verbliebenen Mitarbeiter*innen weiter überlastet werden. Es ist wichtig, auch in dieser Finanzlage mit Augenmaß zu investieren, um einem weiteren Sanierungsstau vorzubeugen.
Es bereitet uns Sorge, dass der Klimawandel und das Artensterben immer noch von einigen in diesem Raum, nicht als akute Bedrohung wahrgenommen wird. Es gibt bereits weltweit teilweise akute Auswirkungen auf das Leben der Menschen und auch die finanziellen Folgen sind spürbar. Eine 2023 durchgeführte Studie des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz geht bis 2050 von einem möglichen volkswirtschaftlichen Gesamtschaden durch Klimafolgekosten zwischen 280 und 900 Milliarden Euro aus. Und dabei wurden die Kosten indirekter Effekte wie die Beeinträchtigung von Ökosystemen und Versorgungswegen, sowie politische Instabilität und Konflikte noch nicht einmal mit aufgenommen. Von 2000 bis 2021 gab es bereits Schäden in Höhe von 145 Milliarden Euro in Deutschland.
Ein Baustein hier vor Ort ist das geplante Fernwärmenetzt, dass mehrheitlich auf den Weg gebracht wurde und dass wir ausdrücklich begrüßen. Wir können damit unseren Bürger*innen eine gute Alternative zu fossilen Brennstoffen bieten. Es ist ein Vorzeigeprojekt in unserer Region.
Aber ein Ärgernis sind die andauernden Diskussionen über Baumfällungen im Stadtgebiet. Wenn diese notwendig sind, erkennen wir es auch an, wie beispielsweise für den Bau des Emskraftwerkes für die Fernwärme oder für das Projekt neue Ems. Gerade bei letzterem wird die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie im Nachgang einen ökologischen Mehrwert schaffen. Aber die meisten Baumfällungen mit denen der Umweltausschuss beschäftigt ist, sind nach unserer Auffassung schlicht falsch. In vielen Fällen planen Architekten ohne Rücksichtnahme auf den bestehenden Baumbestand und hier ist dringend ein Umdenken erforderlich.
Ich war zugegebener Maßen fassungslos in der Sitzung des vergangenen Stadtentwicklungsausschusses. Die Verwaltung hat unserer Auffassung nach, einen tragfähigen Kompromissvorschlag für die Kardinal-von-Galen-Straße eingebracht. Bereits vor zehn Jahren hatten wir uns massiv für den Erhalt der dortigen Bäume eingesetzt. Es sollte nun eine Fahrradstraße eingerichtet werden und die jahrzehntealten Eichen auf der Nordseite erhalten bleiben. Wir taten uns durchaus schwer mit dem Beschlussvorschlag zur Fällung der Platanen auf der Südseite, aber diese sind als Straßenbäume äußerst ungeeignet und greifen an dieser Stelle auch die Versorgungsleitungen an. Alte Bäume in einer Stadt sind unverzichtbar um Schadstoffe aus der Luft zu filtern, sie dienen als CO2-Speicher und sind Lebensraum für eine Vielzahl von Lebewesen. Sie übernehmen diese Funktion in weit größerem Umfang als junge neu gepflanzte Bäume. Darüber hinaus haben sie die ungemein wichtige Aufgabe für Kühlung in den Städten zu sorgen. In Zukunft werden Temperaturen über 30 Grad im Sommer keine Ausnahme mehr sein, sondern die Regel.
Doch dann brachte die CDU einen dermaßen rückwärtsgewandten Antrag ein, dass wir uns keine Mehrheit dafür vorstellen konnten. Es sollten nicht nur alle Bäume gefällt werden, sondern auch die Fahrradstraße nicht kommen. Fahrradstraßen wiederum sind ein zentraler Bestandteil der Verkehrswende, denn sie sorgen dafür das Radfahren attraktiver und sicherer wird. Ich bin immer noch fassungslos, dass der Antrag in dem Ausschuss eine Mehrheit bekommen hat. Wir begrüßen, dass die SPD noch einmal in sich gegangen ist und nun beantragt hat, dass dieses Thema noch einmal im gesamten Rat diskutiert wird.
Neben den Baumfällungen ist ebenso ärgerlich, dass seit Jahren die Verkehrswende nur schleppend vorangeht. Es wird immer noch vorrangig durch die Windschutzscheibe geplant und neue Ideen nach hinten geschoben. So wie die Umwandlung der Dreibrückenstraße hin zu einer Fahrradstraße. Es wurde dazu ein umfangreicher Bürgerbeteiligungsprozess durchgeführt. Dieses ehrenamtliche Engagement muss ernst genommen werden und trotz der Haushaltslage müssen Lösungen gefunden werden. Ähnlich sieht es mit dem geplanten und bereits beschlossenen Parkdeck am Bahnhof aus. Es ist ein wichtiger Baustein des bereits 2019 beschlossenen Konzeptes „Ruhender Verkehr“ zur Entlastung der Altstadt. Dieses Konzept wurde ebenfalls mit viel bürgerschaftlichen Engagement entwickelt.
Wir erkennen die finanzielle und personelle Situation der Stadt Warendorf an, jedoch sehen wir in der Umsetzung des Konzeptes dauerhaft positive Impulse zur Entwicklung unserer Stadt. Wir bedauern die Verschiebung der beiden Projekte in das Jahr 2026 und werden uns weiter massiv für deren Umsetzung einsetzen.
Demokratie lebt von Kompromissen. Die Entscheidung zur Warendorfer Position für die Industriebrache Brinkhaus ist uns denkbar schwergefallen. Wir haben lange für eine „grüne“ Emsinsel gekämpft und dafür jedes uns zur Verfügung stehende demokratische Mittel genutzt. Doch in einer Demokratie muss man auch verlieren können und es ist uns wichtig den weiteren Prozess konstruktiv zu begleiten. Zu dem bietet sich hier auch die Chance einer vernünftigen Nachverdichtung. Nichtsdestotrotz halten wir aber an unseren Forderungen des breiten Uferrandstreifens, einer guten Lösung für den ruhenden Verkehr und der Schaffung einer günstigen Übernachtungsmöglichkeit auf der Fläche fest.
Doch es gibt bei aller Kompromissbereitschaft gibt es auch schwierige Fragen, wo wir noch keine vernünftige politische Linie sehen, wie dem schonenden Umgang mit dem endlichen Gut Fläche. Wir haben immer noch kein vernünftiges Konzept zur Nachverdichtung in der gesamten Stadt, gerade in Hinblick auf die zunehmenden Lehrstände. Immer weiter Wohn- und Gewerbegebiete ausweisen, ist nicht die Lösung und führt auf Dauer zu einer fortschreitenden Zersiedelung. Wir haben eine kaum wachsende Bevölkerung, aber wachsen immer weiter in die Fläche, was zu einer immer größer werdenden Versiegelung führt. Wir müssen achtgeben, dass bei uns nicht der so genannte Donut-Effekt auftritt, wo am Stadtrand Baugebiete entstehen, aber gleichzeitig ein Niedergang innerstädtische Lagen auftritt.
Man mag uns vorwerfen, dass wir nicht auf die so genannten Kompromissvorschläge bezüglich der Vermarktung der Wohngebiete in den Ortsteilen eingegangen sind und nur mit einer geringen Entlastung einverstanden waren. Nach unserer Auffassung hat die Verwaltung einen guten Vorschlag zur Abstimmung gestellt und es kann nicht sein, dass gerade die CDU bei jeder Gelegenheit nach Einsparungen ruft und hier nonchalant Verluste im dreistelligen Bereich akzeptiert. Fläche ist ein zu kostbares Gut, um zu Dumpingpreisen und als Wahlversprechen verschachert zu werden. Die Preise müssen marktgerecht und nicht käufergerecht sein.
Gerade bei der Schaffung von Wohnraum tragen wir eine große Verantwortung. Viele Menschen finden keine bezahlbaren Wohnungen oder leben alleine in großen Häusern und vielfach fehlt ihnen die Alternative dazu. Die Wohnungsmarktstudie zeigt uns mehr als deutlich, dass uns günstige und kleine Wohneinheiten fehlen. Wir begrüßen auch deshalb ausdrücklich die Mitgliedschaft unserer Stadt in der interkommunalen Wohnungsbaugenossenschaft.
Ärgerlich ist, dass CDU und SPD seinerzeit nicht mutig genug waren, sich für differenzierte Grundsteuerhebesätze auszusprechen. Das Gewerbe wird auch bei einem einheitlichen Hebesatz entlastet, aber es kommt zu einer größeren Belastung der Wohngrundstücke. Bei differenzierten Hebesätzen wird es eine geringere Entlastung des Gewerbes geben, aber auch eine geringere Belastung bei Wohngrundstücken. Wir fordern, dass die Hebesätze spätestens zum nächsten Haushalt erneut diskutiert werden.
Wir haben uns intensiv mit den Vorschlägen des Bürgermeisters auseinandergesetzt und halten, die im Haushalt veranschlagten Projekte für sinnvoll und haben deshalb auch nur einen Vorschlag zur Streichung eingebracht. Der Rückbau des Kreisverkehrs an der Feidiekstraße zur Weiterführung der Fahrradstraße wird auf unseren Antrag hin nicht durchgeführt, da die geplante Fahrradstraße auch ohne den Rückbau funktioniert.
Es ist richtig, dass wir aufgrund der Haushaltslage geplante Investitionen auf den Prüfstand stellen, aber wir können nicht überall den Rotstift ansetzen. Viele Menschen und Institutionen spielen eine wichtige Rolle für unsere Stadtgesellschaft und es ist richtig diese zu unterstützen. Ich möchte hier bespielhaft einige nennen: das Frauenhaus, die Frauenberatungsstelle, die Selbsthilfe Kontaktstelle, die Fairtrade Initiative und nicht zuletzt die vielen weiteren Menschen und Vereine, die sich ehrenamtlich in unserer Stadt engagieren. Auch können wir stolz auf unsere städtischen Einrichtungen, wie unsere Stadtbücherei, das Stadtmuseum oder das Theater am Wall sein. Für das gesellschaftliche und soziale Leben in Warendorf ist es unverzichtbar diese Institutionen und Menschen zu unterstützen.
Wie immer könnte ich noch viele weitere Punkte ansprechen und ich denke, dass kaum jemand in diesem Raum mit dem Haushalt, aufgrund der schlechten Finanzlage wirklich zufrieden ist. Aber der Haushalt bietet vieles, dass unterstützenswert ist und das es umzusetzen gilt. Wir werden als Grüne dem Haushalt in der vorliegenden Form zustimmen.
Ich möchte mich herzlich bei den Kolleg*innen im Rat und den Ausschüssen für die Zusammenarbeit bedanken.
Mein Dank geht auch an die Mitarbeiter*innen der Verwaltung und den Bürgermeister für die geleistete Arbeit und den guten Umgang miteinander.
Last but not least möchte ich meiner Fraktion für ihre engagierte Arbeit danken.
Das Bundesverfassungsgericht ist ein Garant der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und damit ein unverzichtbares Verfassungsorgan für [...]
Rund 13 Millionen Menschen nutzen hierzulande das Deutschlandticket. Ein Erfolgsmodell! Ob das Ticket über das Jahr 2025 hinaus bestehen kann, [...]
Gestern hat die 29. Conference of the Parties (COP) in Baku, Aserbaidschan begonnen. Für Deutschland wird Annalena Baerbock als Verhandlerin [...]